Geschichts- und Stadtführung mit Fritz Quirgst
Am 6. September 2024 organisierte Fritz Quirgst, ehemaliger Bürgermeister und heutiger Präsident des Museums, eine…
Die Monumentalkapelle in Deutsch-Wagram ist ein kulturelles und historisches Denkmal, welches sich auf dem Gelände des ehemaligen Friedhofs, dem heutigen Dr.-Sahulka-Park befindet.
Errichtet und gestiftet im Jahr 1859 von Baron Hugo Freiherr von Tkalcsevich, dient sie als erste Erinnerungsstätte an die Schlacht bei Wagram von 1809.
Baron Hugo, ein Enkel des im Siebenjährigen Krieg ausgezeichneten Johann Freiherr von Tkalcsevich, wurde am 18. Dezember 1804 in Brood, Slowenien geboren, an der Wiener Neustädter Akademie ausgebildet und diente als k.k. Oberleutnant, ab 1840 als Kommandant der Militär Polizeiwache in Wien. 1839 wurde er zum Haus- und Gutsbesitzer in Deutsch-Wagram, Haus Nr. 19, heute Franz Mair-Straße 21 – bekannt als „Baron-Haus“, wo er später die Initiative zur Errichtung der Monumentalkapelle ergriff.
Diese Kapelle sollte nicht nur als Familiengruft dienen, sondern auch den Gefallenen der Schlacht bei Wagram gedenken.
1869 wurde die Kapelle noch unter Tkalcsevich umgebaut und gesichert, 1957 wurde sie von der Gemeinde saniert. 1958 wurde die Gruft geöffnet, um festzustellen, wie viele Personen darin begraben waren. 1998 ließ die Gemeinde eine Generalsanierung der Kapelle durchführen. Die Kapelle diente als erstes Museum zur Erinnerung an die Schlacht bei Wagram. In der Gedenkkapelle befanden sich u. a. folgende Gegenstände:
1 altes Ölgemälde „Christus am Kreuz“, 7 kleine Engelstatuen, 2 Votivbilder, 2 kleine Bilder, 5 Ordensdekorationen, 3 Schlachtpläne von 1809, 2 Grablaternen, 2 kleine Betstühle, 2 kleine Ecktische, im Turm eine kleine Glocke, die 1859 im Stephansdom geweiht worden war, mehrere Kanonenkugeln und Gewehre sowie Votivtafeln, Urkunden und ein Totenkopf mit Fragment einer militärischen Kopfbedeckung…
Die Monumentalkapelle selbst ist architektonisch als „denkmalartige Kapelle“ zu verstehen und dient als Ort des Gedenkens, der Bildung und der Reflexion. Hugo von Tkalcsevichs persönliches Engagement und seine finanziellen Beiträge, einschließlich der Spende über 1000 Gulden für die alljährliche Gedenkmesse vor der Kapelle im heutigen Dr.-Sahulka-Park, zeugen von seiner tiefen Verwurzelung in der Gemeinschaft und der Geschichte.
Die Errichtung der Kapelle war ein Prozess, der von persönlichen Verlusten und einem starken Willen zur Erinnerung geprägt war. Nachdem ihm zunächst die Errichtung einer Familiengruft auf dem Kirchenfriedhof verwehrt wurde, konnte Hugo von Tkalcsevich erst Jahre später die Genehmigung für den Bau der Gedenkkapelle erlangen. Der Bau wurde schließlich von der Gemeinde bewilligt und am 6. Juli 1859 mit einer großen militärischen Zeremonie eingeweiht.
Die Anerkennung von Hugo Freiherr von Tkalcsevichs Einsatz durch die Verleihung des Militär-Verdienstkreuzes im Jahr 1860 durch Kaiser Franz Josef I. unterstreicht die Wichtigkeit der Kapelle und ihres Gründers auf sowohl lokaler als auch nationaler Ebene. Heute steht die Monumentalkapelle in Deutsch-Wagram nicht nur als Zeugnis tiefgreifender persönlicher Verluste und historischer Ereignisse, sondern auch als ein Symbol für das anhaltende Engagement der Gemeinschaft, die Vergangenheit zu ehren und aus ihr zu lernen.
Die Monumentalkapelle um 1880 am ehemaligen Friedhof (Foto: © Helga Puchner geb. Beran, Quelle: Topothek)
Stifter Baron Hugo Freiherr von Tkalcsevich um 1869 (Foto: © Anonym, Quelle: Topothek)
Im April 1859 beauftragte Hugo Freiherr von Tkalcsevich den Historienmaler Johann Ferdinand Freiherr Zinn von Zinnenburg, eine Zeichnung der neu errichteten und vollendeten Monumentalkapelle zu erstellen.
Die Zeichnung der Monumentalkapelle ist nicht als Entwurf zu verstehen, sondern repräsentiert eine präzise Darstellung der Kapelle, wie sie im Jahr 1859 bestand, entgegen möglicher Annahmen aufgrund ihres heutigen Erscheinungsbildes.
Infolge mehrerer Einbrüche initiierte Hugo Freiherr von Tkalcsevich 1869 eine umfassende Umgestaltung, die eine Aufwertung und verbesserte Sicherung der Kapelle umfasste.
In der Mitte der Zeichnung befindet sich rechteckig eingerahmt, die Monumentalkapelle am alten Friedhof, dem heutigen Dr.-Sahulka-Park, wie sie im Jahr 1859 zur Eröffnung der Gedenkkapelle ausgesehen hat. Damals noch mit einfachem Türmchen und Kreuz, auf der Vorderseite, die von einem Zaun umgebene Gedenktafel, darüber ein halbkreisförmiges Glasfenster mit 5 radial angeordneten Sprossen. Darüber eine kleine kreisrunde Öffnung, in der sich die Glocke befindet, links und rechts der Kapelle jeweils drei Spitzbogenfenster, teils offen und mit Glasfenstern versehen, teils geschlossen. Hinter der Kapelle, Jesus an einem Holzkreuz mit Halbrundbogen, samt Inschrift „INRI“. Umliegend am Friedhof einige Gräber und die Friedhofsmauer. Darüber hinaus sieht man die Weinberge von Großengersdorf und Bockfließ. Die fantastische Aussicht am ehemaligen Friedhof wurde bei der Denkmalfeier von 1860 mehrfach beschrieben. Häuser gab es zu dieser Zeit rund um den ehemaligen Friedhof noch nicht.
Ein kleines Detail: Links neben der Kapelle in der Wiese findet man noch etwas versteckt den Schriftzug in Großbuchstaben: „FAMILIENGRUFT DES FREIHERRN HUGO TKALCSEVICH“
Um die umrahmte Kapelle gibt es auf dieser Zeichnung noch viele weitere Details zu entdecken. Links ist ein Portrait von Kaiser Franz I., rechts ein Portrait von Erzherzog Carl zu sehen.
Oben in der Zeichnung ist der bekannte flache Turm der Wehrkirche Deutsch-Wagram sowie österreichische Soldaten auf Pferden und ein Offizier zu sehen.
Unten links im Bild, die französischen Soldaten, hier hat sich auch Baron Zinnenburg verewigt und unten rechts die österreichische Infanterie mit Raupenhelmen samt Aufdruck der Druckerei „Gedr. b Reiffenstein & Bösch in Wien“
Darunter der Text: „DENKMAL der zu Deutsch-Wagram am 5. u. 6. Juli 1809, gefallenen treuen tapfern Krieger.“
Lithographie der Monumentalkapelle von Johann Ferdinand Freiherr Zinn von Zinnenburg (Zeichnung: © Freiherr von Zinn-Zinnenburg, Quelle: Topothek)
Details zur Lithographie von Johann Ferdinand Freiherr Zinn von Zinnenburg.
Das Gedenkbuch für alle P. T. Besucher des Schlachtfelds von Wagram ist ein bedeutendes militärgeschichtliches Dokument, das die Erinnerung an die Schlacht bei Wagram und die damit verbundenen Personen ehrt. Der Stifter des Buches, Freiherr Hugo Tkalcsevich, widmet dieses Monument der k.k. österreichischen Armee und insbesondere den gefallenen Soldaten. In seinem Vorwort betont er die bleibende Erinnerung an die mutigen Helden, die im Kampf ihr Leben ließen.
„Ein vaterländischer Veteran,
der diese am 6. Juli feierlich eingesegnete
Monumental-Kapelle
der k.k. Oestereichischen Armee
derselben gewidmet,
ruft
jenen, denen das Denkmal geweiht,
in tiefster Empfindung nach:
Ruh´t sanft in glorreich ew’gen Seelen-Frieden
Treueste Opfer der Soldatenpflicht:
Wer als wack’rer Held am Kampfplatz ist geschieden
Stirbt im Angedenken seiner Waffenbrüder nicht.
Freiherr Hugo Tkalcsevich
pens. k.k. Hauptmann,
dessen eigener Vater auf diesem Felde der Ehre auch sein
Lebensende rühmlichst fand.“
Das Buch enthält zahlreiche Unterschriften bedeutender Persönlichkeiten, darunter Kaiser Franz Joseph, Kaiserin Elisabeth und Kronprinz Rudolf, die am 27. Januar 1868 ihre Unterschriften leisteten. Diese Unterschriften sind für Baron Tkalcsevich ein Zeichen höchster Ehre und Anerkennung. Er hebt hervor, dass das Buch durch die Teilnahme des Kaisers und die Verleihung des Militär-Verdienstkreuzes an ihn selbst eine besondere Würdigung erfahren hat.
Neben den royalen Unterschriften finden sich auch die Namen von Söhnen Erzherzog Carls, Feldzeugmeister Benedek, sowie zahlreicher anderer Militär- und Kirchenvertreter. Die Eintragungen im Buch reichen von hochrangigen Offizieren bis hin zu Vertretern des geistlichen Standes.
Das Buch dokumentiert nicht nur die Wertschätzung der gefallenen Soldaten, sondern auch den Geist der Zeit und das mäzenatische Engagement der Familie Tkalcsevich. Die Eintragungen erstrecken sich über einen jahrzehntelangen Zeitraum und bieten einen Einblick in die damalige österreichische Gesellschaft und deren Umgang mit militärischen Ehren und Gedenken.
Das „Gedenkbuch für alle P. T. Besucher des Schlachtfeldes von Deutsch-Wagram“ ist im Stadtmuseum Deutsch-Wagram ausgestellt und in der Topothek abrufbar.
Historisches Gedenkbuch für alle P. T. Besucher des Schlachtfeldes von Wagram (Gedenkbuch: © Hugo Freiherr von Tkalcsevich, Quelle: Topothek)
Auszüge aus dem Gedenkbuch für alle P. T. Besucher des Schlachtfeldes von Wagram. Das gesamte Buch wurde von Manfred Groß digitalisiert und ist in der Topothek Deutsch-Wagram abrufbar.
Am 28. Mai 1958 führte die Gemeinde Deutsch-Wagram eine sorgfältige Untersuchung durch: die offizielle Öffnung der Gruft in der Monumentalkapelle. Diese Handlung zielte darauf ab, die genaue Belegung der Gruft zu dokumentieren und festzustellen. Unter den Anwesenden bei der Öffnung waren Bürgermeister Karl Stibernitz, Vizebürgermeister Otto Hübner, Mitglieder der Gemeinde, Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf, kirchliche Würdenträger sowie Fachexperten. SR Prof. Otto Schilder, Chronist und Hauptschullehrer, dokumentierte das Ereignis, um es für die Nachwelt festzuhalten.
Die Gruftöffnung offenbarte einen gewölbten Raum von beachtlicher Größe, der Spuren früherer Ausmalungen aufwies. Die Gruft enthält insgesamt zehn Särge, angeordnet in zwei Etagen, darunter fünf gut erhaltene zinnerne Särge, die auf den Wohlstand der Familie hindeuten.
Besonders bemerkenswert waren die Entdeckungen einzelner Särge, die direkte Verbindungen zur Familie Tkalcsevich aufwiesen. Eine kleine Metalltafel auf einem der Särge trägt die Inschrift: „Johann Christian Wilhelm Krone, geb. den 6. April 1772, gestorben 4. Dezember 1835“. Dies bestätigte, dass es sich um den Sarg von Juliana Tkalcsevichs Vater handelte. Ein weiterer Sarg, gekennzeichnet durch die Inschrift „Barbara, Baronesse von Tkalcsevich, geb. 31. August 1838, gestorben 13. XII. 1844“, gehörte der früh verstorbenen Tochter von Hugo Tkalcsevich, was ein trauriges Kapitel in der Familiengeschichte markiert.
Die amtliche Gruftöffnung bestätigte ebenfalls, dass Hugo Tkalcsevich, der Gründer der Kapelle, zusammen mit seiner Ehefrau Juliana und deren Sohn Hugo Friedrich in der Gruft beigesetzt wurden. Diese Entdeckung legte nicht nur die Funktion der Gruft als letzte Ruhestätte der Familie Tkalcsevich offen, sondern beendete auch Spekulationen über die Beisetzung von österreichischen und französischen Generälen in dieser Gruft.
Bei Recherchen in den Kirchenmatriken von Deutsch Wagram im Jahr 2023, wurden nach dem Tod der Juliana Freiin von Tkalcsevich (1876) noch weitere Personen, die in Verbindung mit der Familie Tkalcsevich standen, in Deutsch-Wagram bestattet. Somit konnten bis heute 9 Familienmitglieder der Familie Tkalcsevich und Krone der Gruft in der Monumentalkapelle zugeordnet werden.
SR Prof. Otto Schilder an der Öffnung zur Gruft der Monumentalkapelle (Quelle: Stadtarchiv Deutsch-Wagram, Retusche: Christian Matula)
Fotos der amtlichen Gruftöffnung in der Monumentalkapelle. Insgesamt wurden 10 Familienmitglieder der Familie Tkalcsevich und Familie Krone hier bestattet. (Fotos: © Gustav Schlederer, Quelle: Stadtarchiv Deutsch-Wagram)
Autoren: Christian Matula, in Zusammenarbeit mit Mag. Michael Wenzel und Ing. Manfred Groß
Foto © im Header: Christian Matula
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