Geschichts- und Stadtführung mit Fritz Quirgst
„Ein ganz besonderer Tag in Deutsch-Wagram!“
Am 9. Mai 2025 – dem Europatag, dem Tag der Einheit und des Friedens in Europa – stand Deutsch-Wagram ganz im Zeichen der Geschichte und des europäischen Gedankens. Bei herrlichem Wetter führte Fritz Quirgst, Präsident der Museumsgesellschaft Deutsch-Wagram, eine gut besuchte Geschichts- und Stadtführung durch das Zentrum unserer Stadt.
Die Route begann im „alten Dorf“ zwischen dem Denkmal der Schlacht bei Wagram und der alten Schmiede – einem historisch bedeutsamen Ort. Hier eröffnete Fritz Quirgst die Führung mit einem Rückblick auf die frühe Besiedlung durch Kolonisten aus dem bayerischen Raum im 11. Jahrhundert, die erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1258 sowie die Zerstörung des Ortes während der ersten Türkenbelagerung 1529.
Thematisiert wurden auch die Verlegung des Rußbaches, die Rolle der Grundherrschaften sowie die Entwicklung von Hausnummern und Straßennamen. Die Stadtpfarrkirche bot Gelegenheit, auf die verschiedenen Bauphasen sowie auf die Entwicklung zur eigenständigen Pfarre im Jahr 1784 einzugehen. Auch der historische Kirchenfriedhof mit den 2023 neu aufgestellten Grabsteinen und die zugehörige Kultur[er]leben-Tafel fanden Beachtung.
Der neue Europaplatz
Ein zentrales Thema war der neu benannte „Europaplatz“, der an diesem besonderen Tag bereits am Vormittag von der Stadtgemeinde Deutsch-Wagram unter Bürgermeister Markus Mentl-Weigl und den Vizebürgermeistern Harald Nikitscher und Matthias Hittinger offiziell eingeweiht wurde. Der Platz vor der Volksschule Deutsch-Wagram steht symbolisch für den Zusammenhalt, die Offenheit und die gemeinsame Zukunft Europas – Werte, die auch in der Stadt Deutsch-Wagram aktiv gepflegt werden.
Mit Freude wurde vermerkt, dass diesmal auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer der jüngeren Generation anwesend waren – ein erfreuliches Zeichen für das Interesse an lokaler Geschichte über Generationen hinweg.
Die Führung setzte sich über den neugestalteten Marktplatz und den Dr.-Sahulka-Park fort bis zur Monumentalkapelle, die 1859 von Baron Hugo Freiherr von Tkalcsevich errichtet wurde und als erste Erinnerungsstätte an die Schlacht bei Wagram gilt. Der Abschluss der Führung fand im Eisenbahnmuseum statt, wo die Bedeutung der ersten österreichischen Dampfeisenbahnlinie für die Entwicklung der Stadt thematisiert wurde.
Weitere Fotos von der Veranstaltung: © Christian Matula
Die Bäckerdynastie Hager
Ein besonders geschätzter Besuch kam aus Wien: Christine Hager, Nachfahrin der traditionsreichen Bäckerdynastie Hager. Die alte Bäckerei im Dorf, Rohrergasse 8 (ehemals Haus Nr. 39), wurde bereits 1752 gegründet.
Ihr Vorfahre, Joseph Hager I., Sohn des Bäckermeisters Philipp Hager, geboren 1744 in Aspern Nr. 100, kam 1773 nach Deutsch-Wagram, heiratete die Wagramerin Margarethe Niedermayer und übernahm die Bäckerei der Familie Traxl / Träxl. Sohn Joseph Hager II. hatte zahlreiche Kinder, darunter viele Söhne, die ebenfalls das Bäckerhandwerk erlernten und sich im gesamten Marchfeld und östlichen Weinviertel bis nach Wien verbreiteten. In Deutsch-Wagram wurde die Bäckerei Hager bis ins 20. Jahrhundert weitergeführt.
Christines Vater wurde noch in dieser Bäckerei (1933) geboren – ein schönes Stück gelebter Stadtgeschichte. Auch Gertrude Sperrer, geb. Hager, trug zur Geschichte der Familie bei: Sie führte die Café-Konditorei-Bäckerei Sperrer in der Bockfließerstraße bis in die späten 1980er Jahre weiter.
In den Wagramer Kulturnachrichten von 1965 (Topothek, 1965, Heft 12, S. 159) schrieb Prof. Peter Schilling aus Süßenbrunn (ein Bekannter des Museumsgründers SR Prof. Otto Schilder und Mitautor der WKN) einen ausführlichen Bericht über den Bäck Hager (Joseph Hager I.) und das fehlende Mehl vor der Schlacht bei Wagram. Aufgrund besonders heißer Tage sank der Wasserstand des Rußbaches, wodurch die Mühlen zum Stillstand kamen und kein Getreide gemahlen werden konnte. Man sorgte sich sehr, das Hauptquartier von Erzherzog Carl und die zigtausenden Soldaten nicht ausreichend mit Brot versorgen zu können. Schlussendlich gelang es jedoch durch Lieferungen aus anderen Orten wie Korneuburg das Mehl an die Bäckerei Hager und anderen Bäckereien zu liefern.
Ein herzliches Dankeschön an alle, die an dieser Führung teilgenommen haben. Die nächste Gelegenheit bietet sich bereits am 13. Juni 2025 um 17:00 Uhr – kommt vorbei, da ist für jeden etwas dabei!
Die Museumsgesellschaft Deutsch-Wagram.
Autor: Christian Matula
Bäckerei Gleissner im Gebäude des F. Hager´s Backhaus um 1930: © Gleissner Johann, Stadtarchiv Deutsch-Wagram, Topothek Deutsch-Wagram