Geschichts- und Stadtführung mit Fritz Quirgst
Am 17. Oktober 2025 lud Museumspräsident Fritz Quirgst zur letzten Geschichts- und Stadtführung dieses Jahres. Bei kühlem, aber windstillem Herbstwetter und unter bunt gefärbten Baumkronen entwickelte sich ein besonders stimmungsvoller Nachmittag, der Geschichte und Atmosphäre eindrucksvoll verband.
Der Rundgang begann im alten Dorfkern von Deutsch-Wagram. Quirgst zeichnete die Entwicklung seit den frühen Wurzeln im 11. Jahrhundert nach, spannte den Bogen zur ersten urkundlichen Nennung 1258 und erläuterte die prägenden Strukturen der Grundherrschaften mit Gerichtsbarkeit, Abgaben und Frondiensten. Anschaulich erklärte er außerdem die josephinischen Reformen mit Einführung der Konskriptionsnummern und der systematischen Benennung der Straßen – frühe Grundlagen moderner Ortsverwaltung. Ein Schwerpunkt lag auf der Verlegung des Rußbaches hinter den Ort, die Siedlung und Felder wirksam gegen Hochwasser schützte.
Vor der Pfarrkirche standen Baugeschichte und Pfarrorganisation im Fokus. Seit 1784 ist Deutsch-Wagram eine eigenständige Pfarre, die von Beginn an Aderklaa und Helmahof umfasst; zuvor bestand eine pfarrliche Bindung an Gerasdorf. Am ehemaligen Kirchenfriedhof erinnerte Quirgst an die 2023 erfolgte Wiederaufstellung historischer Grabsteine und Skulpturen (Initiative: Ing. Manfred Groß) sowie an die Kultur[er]leben-Tafel hinter der Kirche.
Ein besonderer Moment galt der Skulptur „Johannes der Täufer – Rufer in der Wüste“ von Josef Heu, die 1929 entstand, 1964 von der Pfarre erworben wurde und heute vor dem Pfarrhof (Kirchengasse 2) steht. Quirgst schilderte auch Heus Biografie, der 1938 gemeinsam mit seiner jüdischen Ehefrau Cäcilie Hirschenhauser nach England emigrieren musste.
Weiter ging es zum Schulzentrum: vom belegten Unterrichtsbeginn 1699 über die „Alte Volksschule“ (1791 errichtet, 1792 abgebrannt und wieder aufgebaut) und die „Neue Volksschule“ von 1875 unter Direktor Ottokar Weyrich bis zum modernen BORG Deutsch-Wagram mit markanter Architektur und angeschlossener Sporthalle.
Entlang der Friedhofallee kamen Musikschule und der erste Kindergarten des Bezirks zur Sprache, bevor der Weg zum Marktplatz führte. Dort wurden Erinnerungen an frühere Nahversorger lebendig – vom Gemüsehändler bis zum Papiergeschäft – und zugleich die jüngste Platzgestaltung gewürdigt, die Handel und Dienstleistungen wieder ins Zentrum bringt.
Den Abschluss bildete die Monumentalkapelle im Dr.-Sahulka-Park, 1859 von Baron Hugo von Tkalcsevich als Familiengruft und erste Erinnerungsstätte an die Schlacht bei Wagram errichtet. Trotz merklicher Verkühlung führte Fritz Quirgst mit ungebrochener Leidenschaft durch die Stationen – ein würdiger und inspirierender Schlusspunkt des Führungsjahres.
Die Museumsgesellschaft Deutsch-Wagram.
Autor: Christian Matula