Geschichts- und Stadtführung mit Fritz Quirgst
Am 12. September 2025 führte Musemuspräsident Fritz Quirgst erneut durch die Stadtgeschichte von Deutsch-Wagram. Trotz Nieselregens fanden sich einige Geschichtsinteressierte ein; später kam sogar die Sonne hervor. Vom alten Dorf aus setzte Quirgst den historischen Rahmen: frühe Besiedlung seit dem 11. Jahrhundert, die erste urkundliche Nennung 1258 sowie die Rolle der Grundherrschaften als tragende Ordnung des vorindustriellen Alltags – mit Gerichtsbarkeit, Abgaben und Frondiensten. In diesem Zusammenhang erläuterte er die Einführung der Konskriptionsnummern und die Systematisierung von Straßennamen in der josephinischen Zeit als Verwaltungsinstrumente. Als Voraussetzung der Ortsentwicklung wurde die frühe Verlegung des „bösen“ Rußbaches hinter den Ort genannt, die Siedlung, Wege und Felder vor Hochwasser schützte.
An der Pfarrkirche standen Bauphasen und Pfarrorganisation im Mittelpunkt. 1784 wurde Deutsch-Wagram zur eigenständigen Pfarre erhoben; Aderklaa und Helmahof waren von Beginn an umfasst. Zuvor war der Ort pfarrlich mit Gerasdorf (Herrschaft Süßenbrunn) verbunden – ein Beispiel für das Zusammenwirken kirchlicher und grundherrlicher Strukturen. Am anschließenden ehemaligen Kirchenfriedhof wurde auf die 2023 erfolgte Wiederaufstellung historischer Grabsteine und Skulpturen (Initiative: Ing. Manfred Groß) sowie auf die Kultur[er]leben-Tafel hinter der Kirche verwiesen.
Bei der Skulptur „Johannes der Täufer – Rufer in der Wüste“ von Josef Heu handelt es sich um eine besondere Plastik und wohl das bedeutendste Kunstwerk in Deutsch-Wagram. Die Arbeit entstand 1929, wurde 1964 von der Pfarre erworben und steht heute vor dem Pfarrhof (Kirchengasse 2); Heu war ein mehrfach ausgezeichneter österreichischer Bildhauer. 1938 musste er gemeinsam mit seiner jüdischen Ehefrau Cäcilie Hirschenhauser Österreich verlassen und nach England emigrieren. Die Kultur[er]leben-Tafel vor Ort fasst die wichtigsten Angaben zusammen.
Am Schulzentrum reichte der Blick vom belegten Unterrichtsbeginn 1699 über die „Alte Volksschule“ (1791 errichtet, 1792 abgebrannt und wieder aufgebaut; das Haus besteht noch) bis zur „Neuen Volksschule“ von 1875 unter Direktor Ottokar Weyrich. Ausführlich besprochen wurden Entstehung und Bedeutung des BORG Deutsch-Wagram, das sich mit moderner Architektur und angeschlossener Sporthalle zu einer zentralen Bildungsinstitution der Region entwickelt hat.
Entlang der Friedhofallee führte der Weg zur Musikschule und zum ehemaligen ersten Kindergarten im Bezirk. Am Marktplatz, der 2020 neu gestaltet wurde, kamen zahlreiche Erinnerungen zur Sprache: an den Gemüsehändler, das Papiergeschäft, den Greisler, das Schuhgeschäft und weitere Nahversorger, die früher den Alltag prägten. Zugleich wurde sichtbar, wie die jüngste Platzgestaltung Handel und Dienstleistungen wieder ins Ortszentrum holt – ein Ziel, das Quirgst in seiner Amtszeit als Bürgermeister besonders verfolgte.
Den Abschluss bildete die Monumentalkapelle im Dr.-Sahulka-Park, 1859 von Hugo Freiherr von Tkalcsevich als Familiengruft und erste Erinnerungsstätte an die Schlacht bei Wagram errichtet.
Die Museumsgesellschaft Deutsch-Wagram.
Autor: Christian Matula